Der arme schöne Auerhahn

Wisst Ihr, wie die Sterne an den Himmel gekommen sind und warum die so glitzern und sich drehen? Das kommt vom armen schönen Auerhahn.

Er war nicht immer so schön gewesen, deshalb hatte er in seiner Jugend angefangen, sich ausgiebig um sein Gefieder zu kümmern. Er putzte sich täglich, bis er schließlich jede einzelne Feder zum Glänzen gebracht hatte. Das blieb natürlich nicht ohne Auswirkung auf die Auerhennen, die sich um ihn scharten, und der Auerhahn fand auch immer mehr Gefallen daran, bewundert zu werden. Immer wenn eine Henne in der Nähe war, drehte er sich so, dass seine allerschönste Seite zum Vorschein kam. Und da immer mehr Auerhennen kamen, um seine Schönheit zu sehen, musste er sich immer schneller drehen, damit ja keine seine schönste Seite verpasste.

Unser Auerhahn war schon immer begeistert gewesen von Dingen, die sich drehen. Als kleines Auerhähnchen hatte er gerne mit dem Kreisel gespielt. Auch liebte er es, stundenlang auf dem Karussel zu fahren. Wenn ihm langweilig gewesen war, hatte er sich fasziniert mit Däumchendrehen beschäftigt – oder was immer Auerhähne da zum Drehen an ihren Füßen haben.

Was dem erwachsenen armen schönen Auerhahn am schnellen Drehen auch so gefiel, war, dass sich sein Gefieder dabei so nach außen spreizte und man auch die sonst versteckten Federn sehen konnte. Er schien dann viel größer und umfangreicher zu sein, als er wirklich war. Er gefiel sich selbst so sehr dabei, dass er sich bald den ganzen Tag drehte, auch wenn gar keine Auerhennen in der Nähe waren, um ihn zu bewundern.

Das hatte natürlich Folgen. Ihm wurde dabei sehr schwindelig, aber er liebte diesen Schwindelrausch, den er dabei empfand und dafür nahm er die unangenehmen Nebenwirkungen gerne in Kauf. Allerdings verlor er außerdem das Gefühl für sein inneres Gleichgewicht und zeigte Anzeichen geistiger Verwirrung.

Seine Freunde sahen diese Entwicklung mit Bedenken. Aber sie wussten aus Erfahrung, dass der Auerhahn nicht auf sie hören würde. Also warnten sie ihn nicht und hofften, er würde selber zur Einsicht kommen. Und manche seiner Kollegen, die neidisch auf seine Erfolge bei den Hennen waren, empfanden sogar einige Schadenfreude darüber, dass es dem Auerhahn nicht gut ging.

So kam es, wie es kommen musste. Der arme schöne Auerhahn wurde immer verrückter, plusterte sich immer mehr auf und drehte sich immer schneller. Man konnte bald gar nicht mehr erkennen, was eigentlich hinter diesem wirbelnden bunten Ding steckte. Durch das schnelle Drehen dehnte er sich auch immer mehr aus.

Bis er eben eines Tages platzte. Er zerplatzte in Tausende, Millionen kleine glitzernde Federchen und Stückchen. Er flog einfach auseinander.
Und seit diesem Tag sehen wir am Himmel die Tausende, Millionen Sterne, die leuchten und sich immer noch um sich selber drehen.

Und die Moral von der Geschicht´:
Dreh´ dich um dich selber nicht!